Es gibt in Deutschland etwa 11,5 Mio Frauen, die zur Zeit zwischen 40 und 59 Jahren alt sind. Der größte Teil dieser Frauen befindet sich also irgendwo in den vier Phasen des Wandels, sprich in den Wechseljahren. Die Therapeutin Anke Mrosla gibt im ZEGG Seminare zu dem Thema und beschreibt was in den vier Phasen der Wechseljahre geschieht.
Dazu betrachten wir zuerst die biologisch relevanten Phasen des Wechsels und dann die weit weniger bekannten seelisch-spirituellen Phasen.
Sie geben uns Hinweise darauf, wie wir die Herausforderungen der Wechseljahre annehmen und die darin liegenden Chancen ergreifen können. Wir werden zu Gestalterinnen dieser immerhin 10 bis 15 Jahre umfassenden Lebensphase.
„Ein gefahrvoller Abschnitt im menschlichen Leben“
Der medizinische Fachbegriff für die Wechseljahre lautet Klimakterium. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie Stufenleiter. Es bezeichnete ursprünglich „einen gefahrvollen Abschnitt im menschlichen Leben“.
Dass der Begriff für die Wechseljahre Verwendung fand lässt Rückschlüsse auf ihre Tragweite zu.
Jede Frau erklimmt diese Stufenleiter auf ihre Weise und in ihrer eigenen Zeit.
Medizinisch werden die Wechseljahre in Prämenopause, Perimenopause, Menopause und Postmenopause eingeteilt.
Die Zeit der Prämenopause ist gekennzeichnet von den ersten hormonellen Veränderungen. Sie beginnt für den Großteil der Frauen zwischen Ende dreissig und Ende vierzig. Oft ist der Einstieg schleichend über einen Zeitraum von mehreren Jahren bis durch den sinkenden Progesteronspiegel die ersten Unregelmäßigkeiten sichtbar werden. Oft verlängert sich der Zyklus und/oder die Blutungen werden stärker.
Die Perimenopause bezeichnet die ein bis zwei Jahre vor und nach der letzten Blutung im Leben einer Frau. Hier sinkt dann auch der Östrogenspiegel mehr und mehr ab. Es kommt seltener zum Eisprung. Die Zeit zwischen den Blutungen kann sich verkürzen, öfter treten Zwischenblutungen auf. Bei manchen Frauen wird der Zyklus länger, bis die Blutung schliesslich ganz ausbleibt.
Die erste und zweite Phase der Wechseljahre sind für etwa zwei Drittel aller Frauen mit leichten bis belastenden Symptomen verbunden.
Die letzte Blutung wird als Eintritt in die dritte Phase, auch Menopause genannt festgelegt. Sie ist für eine Frau bestätigt, wenn sie länger als ein Jahr keine
Blutung mehr hatte. Die vierte und letzte Phase ist die Postmenopause. Sie setzt durchschnittlich im Alter von 60 bis 65 Jahren ein. Dann sind alle hormonellen Schwankungen zum Ende gekommen. Die neu gewonnene Stabilität wird allerdings nur von etwa einem Drittel aller Frauen gänzlich beschwerdefrei erlebt.
Den Wandel bewußt gestalten - Die seelisch-spirituellen Phasen der Wechseljahre
Anders als bei den biologischen Phasen, die wie vorprogrammiert ablaufen,- wenn auch für jede von uns in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung,- muss sich eine Frau aktiv für die seelisch-spirituellen Phasen des Wandels öffnen. Sind wir dazu nicht bereit oder in der Lage, kann es passieren, dass hier die Saat gelegt wird für Unzufriedenheit und Bedauern im Alter.
Die spirituell-seelischen Phasen der Wechseljahre sind die somatische Phase, die sinnlich-sexuelle Phase, die kreativ-manifestierende Phase und die Matriarchinnenphase, welche dann bis zum Lebensende anhält.
In der somatischen Phase, die zeitlich mit den ersten beiden biologischen Phasen zusammenfällt, wird die Frau von den Veränderungen Ihres Körpers zur intensiven Innenschau eingeladen.
Wir können uns unsere Lebenserfahrungen, unsere Überzeugungen und unsere Verhaltensgewohnheiten wie ein großes Warenhaus vorstellen. In ihm wird im Laufe eines Menschenleben alles mögliche gelagert und angesammelt. Manches davon ist valide und wird weiterhin nutzbringend eingesetzt. Manches ist aber auch alt, verstaubt und ohne Energie. Das eine oder andere in diesem Warenhaus ist sogar schädlich für uns, hält uns in alten Schmerzgeschichten und verhindert Erneuerung und Entfaltung.
Die erste Phase bringt die Chance zu schauen, was für uns nicht mehr passt. Im günstigen Fall wird diese Phase in ein bis drei Jahren durchlaufen. Das innere Warenhaus wird entrümpelt und Raum geschaffen für die Dinge, die uns jetzt wirklich interessieren und nach denen wir uns sehnen.
Die Chance der Erneuerung
Mit dem Eintritt in die Wechseljahre kommen oft lange vernachlässigte eigene Interessen wieder an die Oberfläche. Etwa 70 bis 80% der Frauen aus den Jahrgängen zwischen 1960 und 1980 haben Kinder geboren und aufgezogen. Sie kommen also aus einer langen Phase der Fürsorge für andere, wenn sie in den Wechsel eintreten. Unabhängig davon, ob eine Frau Ihre Fürsorge auf Kinder, auf den Beruf, oder andere Projekte gerichtet hat, entstehen mit dem hormonellen Wandel oft neue Bedürfnisse. In dieser Phase treten häufig die so viel beschriebenen Symptome auf wie Hitzewallungen, Schlafstörungen etc.
Hitzewellen sind das Feuer von Innen. Ein transformatorischer Prozess wird ausgelöst, in dem wir mit jeder Wallung eingeladen werden zu schauen, was ist das in mir was jetzt gerade transformiert werden will? Welches alte Muster möchte gelöst werden? Welche neuen Möglichkeiten wollen erprobt werden?
Erst vor Kurzem erzählte mir eine Frau, die mit ihrem Mann und drei Kindern zusammenlebt, dass sie als einzige keinen eigenen Raum im Haus hat. Allein dieses Phänomen, keinen eigenen Raum zu beanspruchen und darunter zu leiden ist eines, dass ich in den letzten Jahren sicherlich ein halbes Dutzend mal gehört habe.
In der Zeit der Wechseljahre kommen bis dahin nicht erfüllte Bedürfnisse, unterstützt durch die sich verändernde hormonelle Situation mit Macht an die Oberfläche. Das kann so etwas einfaches sein wie z.B. ein Zimmer für mich selbst, wo ich die Tür schliessen und ich selbst sein kann, um zu träumen, kreativ zu sein oder wonach immer mir der Sinn steht. Je mehr eine Frau sich ihren aufkeimenden oder wieder erwachenden Bedürfnissen öffnen kann, je unterstützter und verstandener sie sich in dieser Bewegung fühlt, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass sie die physischen Begleiterscheinungen des Wandels als besonders beschwerlich erlebt. Auch die Dauer von Übergangserscheinungen, die es ganz unabhängig davon natürlich trotzdem für die meisten Frauen gibt, kann von der persönlichen Einstellung, sowie äußeren, fördernden Umständen positiv beeinflusst werden.
In meiner Arbeit mit Frauen in den Wechseljahreskursen finden wir Austausch, entdecken mit Humor und Mitgefühl, dass wir mit unseren Themen nicht allein sind und erproben kreative Wege, mutiger zu werden im Kontakt mit unseren Bedürfnissen.
Die sinnlich-sexuelle Phase
Wenn Frauen es schaffen, die nicht mehr passenden Strategien, ihre Gewohnheiten und Glaubenssätze zu überprüfen und Veränderung einzuladen, dann kommen sie gestärkt in die zweite Phase des Wechsels.
Und - liebe Lesende, natürlich ist das nicht wirklich linear zu verstehen, die Phasen fliessen ineinander.
Hier erleben Frauen eine Neuorientierung in ihrer Sexualität. Oft fängt das mit der nicht so angenehmen Erfahrung an, dass bislang Gewohntes nicht mehr funktioniert. Viele Frauen erleben Veränderungen in der Beschaffenheit und Befeuchtung der Schleimhäute. Auch Haut und Augen werden trockener. Die bislang durch das Östrogen bereitgestellte „Polsterung“ wird weniger, was an Vulva und Vagina zu größerer Reibungsempfindlichkeit bis hin zu Schmerzen führen kann.Diese Erscheinungen sind relativ bekannt. Weniger bekannt ist, wie unterschiedlich die erotischen und sexuellen Bedürfnisse von Frauen in dieser Phase sein können.
Es gibt Frauen, die sich eine Zeit der sexuellen Ruhe wünschen. Manche bemerken, dass sie gerade keine penetrative Sexualität leben wollen, es aber weiterhin lieben, sinnlich aktiv zu sein. Das kann sich über mehrere Jahre hinziehen und ist ebenso normal und in Ordnung, wie auch das Erleben von Frauen, bei denen die Lust auf Lust in dieser Zeit deutlich zunimmt.
Frauen werden sich in dieser Phase des - oft ungelebten - Potentials ihrer Lust bewußter. Häufig suchen sie in Liebe und Partnerschaft nach neuen Möglichkeiten. Das kann zu Spannungen führen oder auch zu einen gemeinsamen neuen Aufbruch.
Für Frauen, die den Wechsel ausserhalb einer festen Beziehung erleben, stellt sich zudem oft die Frage nach der eigenen erotischen Attraktivität. Kann ich mich als sinnliches Wesen zeigen? Wie gehe ich, verbunden mit meinen individuellen Wünschen und meiner sinnlichen Energie auf mögliche PartnerInnen zu? Für all diese Themen ein tieferes Selbstgefühl, mehr Selbstakzeptanz und Bewusstheit zu schaffen, ist mir ein echtes Anliegen.
Egal wie Frauen durch die Phase der sinnlich-erotischen Neuorientierung gehen, sie ist für jede von uns eine Chance auf mehr Selbstwert, Körperbewusstheit, Genussfähigkeit und Selbstvertrauen.
Wenn wir im Frauenkreis ein Wochenende unter uns verbringen entsteht Raum, diese individuellen Erlebenswelten zu erkunden. In gegenseitiger Aufmerksamkeit, mit Freude und Entdeckerinnenlust wenden wir uns der Sinnlichkeit des eigenen Körpers zu und lauschen auf unser Schoßwissen, wie wir jetzt Lust und Genuss finden.
Die kreativ-manifestierende Phase
Die dritte Phase des Wandels hat mit der kreativen Umsetzung unserer Wünsche und dem Ausdruck unserer Fähigkeiten und Fertigkeiten zu tun. Der Wandel mit seiner Rückbesinnung auf unsere eigenen Ziele bietet die Gelegenheit mit neuen Vorhaben und Projekten durchzustarten. Was will ich verwirklichen? Wie sieht jetzt ein erfüllter Lebenstraum aus?
Und auch hier geht es um die innere Wahrheit in jeder Frau. Was interessiert und inspiriert mich? In den heutigen Zeiten von Selbstoptimierung und stetig präsenten Auf- und Anforderungen kann es darum gehen, schlicht eine Zeit des Geniessens des Erreichten einzuläuten. Wie würde es sich anfühlen, Erfolge zu feiern und sich dankbar verbunden zu fühlen mit allem, was wir geschaffen haben? Projekte können im Wiederaufleben von Hobbys bestehen. Und ja, für manche von uns ist es auch das Aufgehen in der „Oma-Rolle", frei von den Verpflichtungen der Elternschaft, die uns beglückt und erfüllt. Letztlich zeichnet sich diese Phase aus durch das Entwickeln eines selbstverständlichen Soseins, der Zuwendung zu den Dingen, die uns im Leben freudig und erfüllt sein lassen, jenseits aller alten oder neuen Sollwerte.
Die Matriachinnenphase
Hier angekommen sind Frauen zu erfahrenen und manchmal weisen Vorbildern geworden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie bereit sind zu handeln, wenn und wo nötig. Sie geniessen natürliches Ansehen und werden von Menschen in ihrer Umgebung angelaufen, weil sie Wissen besitzen, was funktioniert. Sie können ohne Vorurteile, auch andere Realitäten als die eigene in ihre Betrachtungen eines Themas einbeziehen. Sie sind ehrlich und unbestechlich weil sie gelernt haben, für ihr eigenes Glück die Verantwortung zu übernehmen. Matriarchinnen haben körperliche und seelische Spannkraft, die sie zu ihrem Alter stehen läßt und gleichzeitig in allen Aspekten des Lebens eine innere Frische mitbringt.
In seiner Vollständigkeit und individuellen Komplexität durchlaufen, sind die vier Phasen der Wechseljahre eine profunde Initiation in ein produktives, gut gelebtes Ältestendasein.Ich glaube daran, dass es unserer Gesellschaft zutiefst dienen wird, wenn die Phasen der Wechseljahre von möglichst vielen Frauen selbstbestimmt durchlaufen werden. Als potentielle Matriarchinnen können wir in unseren persönlichen Einflusssphären eine positiven Unterschied machen. Einfach dadurch, dass wir sind, wie wir sind.
Anke Mrosla
Heilpraktikerin in eigener Praxis seit 2003 mit den Methoden Somatic Experiencing, Körperentpanzerung (PK), Übergangsriten, sowie Paar- und SexualtherapieIm ZEGG in Bad Belzig biete ich 2024 Frauenseminare zum Thema der Wechseljahre an. Das dahinterliegende Wissen kommt aus über 20 Jahren Arbeit mit Frauen im Rahmen meiner Tätigkeit als Trauma- und Sexualtherapeutin, aus der modernen Frauenforschung und aus meinem langjährigen Studium und eigenen Erfahrungen mit Übergangszeremonien, vor allem in der schamanischen Tradition der Twisted Hairs.Aus meinem nie nachlassenden Interesse für alle Themen rund um die Frage; „Wie funktioniert der Mensch?“ entstand in der Zeit meiner eigenen Wechseljahre der Wunsch, diese entscheidende Phase im Leben aller Frauen tiefer zu verstehen. Bestärkt durch meine Erkenntnisse und berührende Forschungen im Kreis von Frauen habe ich in den letzten Jahre zwei Kurse entwickelt, um Frauen beim Durchsegeln des Wandels zu unterstützen. „Mit vollen Segeln durch die Wechseljahre“ initiiert Frauen in die Zeit des Wandels und „Die glühende Venus" beleuchtet die Aspekte der sinnlich-erotischen Erfahrungswelt von Frauen in der zweiten Phase der Wechseljahre.
Die Frauenworkshops, die ich neben meiner trauma- und sexualtherapeutischen Praxis anbiete, dienen dem Austausch und sind exemplarischen Erfahrungsräumen zu den Themen der vier Phasen des Wechsels gewidmet.
Die nächsten Termine, der podcast zum Thema und Infos finden sich hier:
Link: https://www.zegg.de/de/wissen-medien/zegg-podcast/14-mit-vollen-segeln-durch-die-wechseljahre-mit-anke-mrosla
Link: https://www.lebenswege-initiationen.de/workshops.html