Vortrag über geschlechtsspezifische Risiken im Trennungsverlauf von Eltern
von Dr. Maria Burschel am
3.12.2022, 20:30 Uhr im ZEGG

Folgeveranstaltung geplant für den 17. oder 24.3.2023

Maria Burschel hat Konflikte und Trennungsverläufe von Eltern in
Ökodörfern, Intentionalen
Gemeinschaften und anderen Milieus
untersucht, auch
 im ZEGG. Dabei wurden typische Risiken für mögliche
Belastungen für Mütter und Väter
herausgearbeitet.

Insbesondere bestimmte Aspekte der GfK, von Spiritualität und Gefühlsarbeit werden kritisch beleuchtet, z.B. geschlechtsspezifisches Gaslighting durch gewaltfreie Kommunikation.

Der Vortrag dauerte 60 Minuten und schloß mit einigen Thesen und
Handlungsempfehlungen ab, die zur
Diskussion gestellt wurden.

 

Zur Person:
Dr. Maria Burschel
 ist Professorin
für Soziale Arbeit an der IU –

Internationale Hochschule.
 


Schwerpunkte:

Familienforschung, Trennung und

Scheidung, Nachhaltigkeit und

Transformationsprozesse

 

Abstract über die Forschungsarbeit:

In meiner Dissertationsstudie habe ich 21 Interviews mit getrennten Eltern durchgeführt. 10 in der Mehrheitsgesellschaft (MG), 11 in Ökodörfern und Intentionalen Gemeinschaften (IG). Die forschungsleitende Frage war, ob in einem so innovativen und sozial nachhaltigen Milieu wie den IG Trennungen weniger belastend verlaufen und die häufig langfristig negativen Folgen der Trennung für Mütter, Väter und Kinder minimiert werden können.

Ich habe 6 Trennungstypen gefunden: zwei nur in der MG, einen nur in IG. 3 Trennungstypen fand ich in beiden Subsamples: Vergebung und Abwertung sind rein weibliche Trennungstypen, Distanzierung rein männlich. Diese drei Trennungstypen haben gemeinsam, dass die Interviewten verschiedenen spirituellen Lehren folgen (Tolle, Byron Katie, Veit Lindau, Buddhismus, Naturreligionen etc.), sich durch Gefühlsarbeit spirituell entwickeln möchten, die GFK praktizieren und ein naturalistisches Konzept von Mutter- und Vaterschaft haben.

Bei diesen drei Trennungstypen lassen sich Hinweise auf geschlechtsspezifisches Gaslighting finden:

Gaslighting gilt als Form psychischen Missbrauchs, mit dem Ziel einen Menschen psychisch zu destabilisieren. [1] Gaslighting geht tiefer als psychisch-emotionaler Missbrauch, denn die Realität eines Menschen wird in Frage gestel, bis dieser sich selbst misstraut, sich für schuldig und unwert hält, bis hin zu Depression und Suizid. Gaslighting verläuft unterschwellig, ist hochkomplex, langwierig, basiert auf Fakten- und Schuldumkehr. Diese Form des Missbrauchs ist schwer fassbar, da die Betroffenen nicht selten die Perspektive des Gaslightenden übernehmen und dann verstrickt in den eigenen Missbrauch sind, indem sie sich z.B. selbst die Schuld geben, sich für Dinge entschuldigen, die sie nicht getan haben. Dieses Phänomen wird häufig mit dem Stockholm-Syndrom verglichen und als „Trauma Bonding“ bezeichnet.

In meinem Vortrag erläutere ich Gaslighting und narzisstischen Missbrauch und lege anhand von anonymisierten Zitaten aus den Interviews die Mechanismen des geschlechtsspezfischen Gaslighting dar, denn Mütter und Väter werden in unterschiedlicher Weise von Ihren (Ex-) Paterner:innen gegaslightet. Interessanterweise erscheinen Konflikte so gelöst und die Partner:innen nehmen den Missbrauch nicht wahr, was typisch ist für Gaslighting.

Ich halte diese Ergebnisse für sehr wichtig für IG, da genau durch die Methoden, die dazu dienen sollen, Gewaltfreiheit und Demokratie im Alltag zu ermöglichen, auf subtile und unsichtbare Weise geschlechtsspezifische Machtmechanismen mit den bekannten Benachteiligungen für die Geschlechter weitergeführt werden können.

Es ist daher besonders wichtig, Narzissmus und Gaslighting zu verstehen und zu erkennen, hierfür kann ich einige Hinweise geben. Ich plädiere zudem für eine kritische Reflektion der allgemein als positiv erachteten Begriffe wie Vergebung, GfK, Authentizität, Selbstverwirklichung. Außerdem ist eine gendersensible Reflektion dieser Begriffe nötig, denn sie bedeuten u.U. für die Geschlechter etwas völlig Unterschiedliches. Dasselbe gilt für Partnerschaft und Familie. Das Wissen um diese Mechanismen kann helfen IG stark und widerstandsfähig zu machen, in einer Welt, in der Narzissmus zunimmt.

[1] Der Begriff geht auf einen Film aus den 30er Jahren zurück, in dem ein Mann seine Ehefrau in den Wahnsinn treibt, indem er das Gaslicht manipuliert, damit es flackert, der Frau aber einredet, sie bilde sich dies ein.


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